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Lesetips für den 21.10.03 (Marx: Manifest, Feuerbachthesen, Bürgerkrieg in Frankreich)
Wichtige Begriffe:
Klassenkampf, Geschichte, Produktionsweise, Produktionsverhältnisse, Produktionsmittel, Arbeiter, Praxis, Materialismus
Vorbemerkungen:
In der letzten Sitzung haben wir uns ein metatheoretisches "Zwiebelmodell" angeschaut, das die drei wichtigsten Ebenen bzw. Fragekomplexe klassischer soziologischer Theoriebildung darstellt:
"Ontologie": Was ist der Gegenstand der Soziologie? Was ist Gesellschaft?
"Methodologie": Wie ist Erkenntnis über den Gegenstand (Gesellschaft) möglich? Welche Instrumente können benutzt werden?
"Methode": Mit welchen Instrumenten werden wie empirische Ergebnisse über den Gegenstand generiert?
Mit Blick auf die drei Theoretiker können wir nun fragen, welche theoretischen Angebote die drei Autoren auf diese drei Fragen geben:
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Ontologie |
Methodologie |
Methode |
Marx |
Geschichte als Klassenkampf |
Dialektik zwischen Abstraktion (Theorie) und Konkretion (Empirie) |
ökonomische Modellierung, historische Beschreibung |
Weber |
Soziales Handeln |
interpretativ-verstehende Rekonstruktion sozialen Sinns |
Analyse historischer Dokumente |
Durkheim |
Werte und Normen als "soziale Tatbestände" |
Erklärung sozialer Tatbestände durch den Nachweis sozialer Strukturen |
statistische Korrelationsanalyse, historische Beschreibung |
Dieses metatheoretische Raster wird uns helfen, die Theorien nach und nach in ihren Gesamtzusammenhängen zu verstehen und zu vergleichen.
Leseziele:
Für die Sitzung vom 21.10. gilt es, anhand des Manifests den Gegenstand der Marx'schen Theorie näher zu bestimmen. Lesen Sie das Manifest weniger als historisch-politisches Dokument, sondern als ein Resümee des Marx'schen Geschichtsverständnisses. Was versteht Marx unter "Geschichte"? Was determiniert sie? Wie verläuft sie? Welches sind die wichtigsten Begriffe, um sie zu beschreiben?
Während das Manifest die Marx'sche Geschichtsphilosophie programmatisch darstellt, konzentrieren sich die Thesen über Feuerbach eher auf das Menschenbild und Erkenntnisideal, das unter dem Stichwort Praxis zusammengeführt wird. Bestimmen Sie, was Marx unter Praxis versteht oder nicht versteht? Vielleicht können Sie sich vorstellen, gegen welche Alternativentwürfe er sich richtet.
Marx' Abhandlung über den Bürgerkrieg in Frankreich, die gescheiterte sozialistische Commune nach der frz. Niederlage gegen Preußen, ist einer seiner wenigen Texte über das zeitgenössische politische Wirken der entstehenden Arbeiterklasse. An diesem Text kann in Ansätzen abgelesen werden, wie sich Marx konkrete politische Strategien und Rezepte auf dem Weg zu einer sozialistischen Gesellschaft vorstellt. Tragen Sie seine Ideen mit Blick auf die Rolle staatlich-polizeilicher Gewaltausübung, den Umgang mit dem politischen Gegner, politische Führung und Organisation, allgemeine historische Bedingungen für eine erfolgreiche Revolution... zusammen.
Mögliche weitere Arbeitsaufgaben
Versuchen Sie sich den historischen Kontext zu rekonstruieren, in dem die Marx'sche Theorie steht: sozialgeschichtlich wäre die Industrialisierung und Proletarisierungstendenzen der Zeit zu nennen (s. Engels "Zur Lage der arbeitenden Klasse in England", MEW 2); dann der Einfluss Hegels und des sogenannten Linkshegelianismus (s. Sydney Hook (1936), From Hegel to Marx, New York) und vielleicht auch eine Biografie (z.B. Werner Blumenberg (2000), Karl Marx mit Selbstzeugnissen und Bildern, Reinbek).
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